Abstract-Diplomarbeit Fleischsommelier: Grill Mythos – Nicht vor dem Grillen salzen


Abstract-Diplomarbeit Fleischsommelier: Grill Mythos – Nicht vor dem Grillen salzen

 

Das Thema „Salzen“ teilt schon seit jeher die Koch- und Grill-Welt in zwei Fraktionen. Während die einen vor einer
entwässernden Wirkung von Kochsalz auf rohem Fleisch warnen und erst das fertig gegrillte Steak salzen, wird nach Meinung der anderen erst durch das beherzte Salzen vor dem Grillen der wahre Steak-Genuss möglich. Von Entwässerung odergar Austrocknung der Steaks kann dabei keine Rede sein.

Doch wie kam es dazu, dass die Meinungen beim Thema Salzen in zwei so völlig verschiedene Richtungen auseinander gehen? Diese Frage lässt sich nur sehr schwer beantworten. Betrachtet man jedoch die Geschichte des Fleisches, speziell die des konservieren bzw. des haltbar machen näher, kann man ahnen wie es zu einer solchen Teilung kommen konnte. Durch starkes Einsalzen wurden schon im Mittelalter Lebensmittel, unter anderem auch Fleisch, vor dem Verderben geschützt.

Salz wird aufgrund der zwei unterschiedlich vorkommenden Formen – gelöst und ungelöst – in drei verschiedene Gruppen unterteilt. Dabei unterscheidet man zwischen Siedesalz, Steinsalz und Meersalz. Je nach Salzart und Art der Gewinnung können feine Unterschiede, die sich auf die Qualität und Reinheit des Salzes auswirken, aufkommen. Beim Salzen des Fleisches sollte man zwischen zwei Arten unterscheiden. Zum einen das Salzen während der Zubereitung, also vor dem Grillen und zum anderen das Salzen zum Verfeinern des Fleisches nach dem Grillen. Bei der Zubereitung reicht ein einfaches Meersalz oder auch Kochsalz um das Steak einzusalzen. Nach dem Grillen also zum verfeinern, sollte dann ein hochwertiges Salz verwendet werden. Diese „Fingersalze“ verleihen dem gegrillten Fleisch eine ganz besondere Geschmacksnote, je nach verwendetem Salz. Die wohl bekanntesten Salze zum Verfeinern von Speisen sind das „Fleur de Sel“, „Himalaya-„ und „Hawaii-Salz“.

Je nach Rasse , Alter und Lebensbedingungen der Rinder unterscheiden sich identische Fleischteile
hinsichtlich der Zusammensetzung des Fleisches, der Qualität und der Verwendung. Die Eigenschaften des Fleisches hängen im Speziellen auch davon ab, ob es sich beim Schlachttier um einen Ochsen, einen Jungbullen, ein Kalb, eine Kuh oder eine Färse (Kuh, die nicht gekalbt hat) handelt. Aus diesen Gründen kann die Reaktion des Fleisches mit dem Salz bei jedem Grill-Vorhaben unterschiedlich ausfallen.

Betrachtet man den Vorgang des Salzens, vor dem Grillen auf wissenschaftlicher Basis näher, steht im Zentrum aller Gedanken die „Osmose“. Dieser Begriff beschreibt den Fluss molekularer Teilchen, wie zum Beispiel Wasser, durch eine semipermeable Membran (Trennschicht, die in unserem Fall Wasser durchlässt – Salz aber nicht). Laut dem Gesetz der Diffusion sind beide Seiten der Membran immer bestrebt, die Teilchenkonzentration  auszugleichen. Dies bedeutet für unser Steak, dass ein geringer Anteil des enthaltenen Wassers aus dem Steak durch die Trennschicht zur salzigeren Seite fließt, um die Salzkonzentration gleich zu halten. Salzt man sein Steak unmittelbar vor dem Grillen, passiert jedoch erst einmal nichts, da der Prozess der Osmose etwa eine Viertelstunde benötigt um einzusetzen.

Das Grillgut verliert also durch das Salz nicht an Saftigkeit und wird auch nicht zäh. Lässt man sein Steak länger als 15 Minuten im Salz liegen, wird tatsächlich Saft aus dem Steak gezogen. Dies ist deutlich, an der auf dem Fleisch gebildeten Salzlache zu erkennen. Wird das Fleisch zu diesem Zeitpunkt gegrillt, besteht die Gefahr, dass das Ergebnis nach dem Grillen nicht der gewünschten Qualität und Saftigkeit entspricht. Lässt man das gesalzene und rohe Steak weiterhin ruhen, beginnt sich das Fleisch zu denaturieren – dadurch entsteht der Verlust der biologischen Funktion der Zellen durch das Salz. Aus diesem Grund kann ein großer Teil des ausgetretenen Wassers wieder in das Fleisch zurück strömen und zwar in gesalzener Form. Durch die beim Grillen entstehende Hitze verbindensich die gelösten Muskelproteine zu einem Netzwerk underhöhen die Textur des Fleisches und halten so das Wasser im Fleisch fest. Die dadurch entstandene höhere Textur beeinträchtigt die Zartheit der gegrillten Steaks

nicht. Somit spricht wissenschaftlich so gut wie alles für das Salzen vor dem Grillen.

Das Ergebnis der Verkostung bestätigt dabei eindeutig die Theorie. Ein Steak, egal ob vom Rind oder auch vom Schwein, sollte vor dem Grillen gesalzen werden, von einem austrocknen oder zäh werden, kann dabei keine Rede sein. Somit kann der Titel dieser Arbeit „Nicht vor dem Grillen salzen“ eindeutig als Mythos identifiziert werden. Trotz der Wichtigkeit des Zeitpunktes und der Verwendung des richtigen Salzes, bin ich immer noch der Meinung, dass kein Salz der Welt aus einem minderwertigen Fleisch, ein genießbares Steak zaubern kann. In erster Linie ist die Qualität des Fleisches für das Erlebnis „Steak“ ausschlaggebend.

Andreas Karg
Diplomierter Fleischsommelier